Vorbemerkung: Es ist mir ein Anliegen, eine inklusive Sprache zu verwenden, die alle Menschen willkommen heisst. Aus Gründen der Leserfreundlichkeit jedoch habe ich mich entschieden, in diesem Artikel die weibliche Form zu verwenden und hoffe auf das Verständnis der Leserinnen und Leser.
Die Übernahme eines bereits etablierten Unternehmens kann für Käuferinnen viele Vorteile bringen: Einen schnellen Markteintritt, die Erweiterung des Firmen-Portfolios, bessere „Economies of Scale“, da die fixen Kosten auf mehrere Produktions- und Dienstleistungsmengen verteilt werden können, eine sofortige Steigerung von Umsatz und Gewinn und häufig auch einen CEO-Posten.
Die Suche nach einem geeigneten Unternehmen stellt Käuferinnen besonders in der Anfangsphase vor grosse Herausforderungen. Die grösste Schwierigkeit liegt darin, Unternehmerinnen zu finden, die tatsächlich bereit sind, ihre Firma abzugeben und aktiv am Übergangsprozess mitzuwirken. Ein erfolgreiches Unternehmen in einer lukrativen Branche mag zwar verlockend sein, doch ohne den unbedingten Willen der Eigentümerin zu verkaufen, platzt jedes Übernahme-Vorhaben wie eine Seifenblase.
Eine zwielichtige Unternehmerin kann den Übernahmeprozess für sie zu einem qualvollen Erlebnis machen und zu erheblichen Problemen nach der Übernahme führen. Im Gegensatz dazu ebnet ihnen eine kooperative und vertrauenswürdige Verkäuferin den Weg zu einer reibungslosen Übernahme und kollegialen Zusammenarbeit, auch nach dem Abschluss.
Dieser Artikel gibt ihnen Antworten auf zwei entscheidende Fragen:
An welchen Anzeichen erkennt man, dass eine Unternehmerin tatsächlich bereit ist ihr Unternehmen zu veräussern?
Mit welchem Verkäufertyp wird man gut zugange kommen, welchen sollte man meiden?
Die Wahl des richtigen Übernahmekandidaten hängt nicht nur vom Unternehmen selbst ab, sondern massgeblich auch von der Eigentümerin.
Als erfahrener Unternehmer und Investor habe ich diese Herausforderungen persönlich erlebt und unzähligen Unternehmerinnen bei der Suche nach geeigneten Übernahmekandidaten begleitet. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich erkannt, wie wichtig es ist, die Zeit in der Akquisitionsphase effizient zu nutzen und die Wahl des richtigen Übernahmekandidaten sorgfältig abzuwägen. Denn der Faktor Zeit ist in diesem Prozess ein äusserst kostbares Gut, das nicht für aussichtslose Gelegenheiten verschwendet werden sollte.
Schütze dich vor Zeitdieben
Es gibt verschiedene Gründe, warum Unternehmerinnen sich gerne mit ihnen austauschen wollen, ohne dabei jemals die Absicht zu haben, ihre Firma tatsächlich zu veräussern:
Geschmeicheltes Ego. Von einer potenziellen Käuferin angesprochen zu werden, kann das Ego der Unternehmerin stärken und ein Gefühl von Wichtigkeit und Anerkennung vermitteln.
Ablenkung vom Alltag. Ein Gespräch mit einer potenziellen Käuferin bietet Abwechslung vom Tagesgeschäft und ist mit weniger Stress verbunden als die Bewältigung von Kundenbeschwerden, Personalproblemen oder das Erstellen von Budget-Plänen.
Prahlerei und Bestätigung. Ein Verkaufsgespräch bietet der Unternehmerin die Möglichkeit, die Erfolge seines Unternehmens hervorzuheben und sich von einer interessanten Zuhörerin bewundern zu lassen.
Kostenlose Beratung. Unternehmerinnen schätzen den objektiven Blick einer externen Person und erhoffen sich, an wertvolle Tipps für ihr Unternehmen zu gelangen.
Gratis-Ermittlung des Unternehmenswerts. Ein Gespräch mit einer Käuferin kann auch als Gelegenheit genutzt werden, um den Wert des eigenen Unternehmens zu erfahren.
Deshalb ist es wichtig, wachsam zu sein und keine wertvolle Zeit mit Firmeneigentümerinnen zu verschwenden, die es nicht ernst meinen.
Wie erkennt man, ob eine Eigentümerin Ihr Unternehmen verkaufen will?
Folgende Merkmale weisen darauf hin, dass eine Unternehmerin ernsthaft an einem Verkauf interessiert ist:
→ Persönliche Verkaufsmotive
Ein einschneidendes Ereignis im Leben der Eigentümerin kann der Auslöser für den Unternehmensverkauf sein. Persönliche Motive können beispielsweise das Erreichen eines festgelegten Rentenalters sein; die Notwendigkeit, sich um einen kranken Partner zu kümmern; der Umzug an einen anderen Ort, um näher bei den Kindern zu sein; Burnout oder Unzufriedenheit nach langjähriger Unternehmensführung; der Wunsch nach einem langsameren Lebenstempo und mehr Freizeit; die Erkenntnis, dass das Unternehmen den Führungsqualitäten der Eigentümerin entwachsen ist; keine Nachkommen; ein Todesfall, eine Scheidung oder eine körperliche Behinderung.
Wenn solche Ereignisse eintreten, sind Unternehmerinnen in der Regel emotional und psychologisch bereit, das Kapitel Unternehmertum abzuschliessen. Versucht eine Unternehmerin hingegen lediglich den überhitzten Markt auszunutzen und auf einen utopischen Erlös zu pochen, sinkt die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abschlusses drastisch. Ich empfehlen ihnen deshalb, sich auf Eigentümerinnen zu konzentrieren, die aus intrinsischen Gründen verkaufen wollen, also aus emotionalen und persönlichen Motiven, die über den reinen Höchsterlös hinausgehen.
Der Verkauf der eigenen Firma kann für viele Unternehmerinnen eine markante Umstellung bedeuten. Trotz des neu gewonnenen Reichtums kann das Leben danach eine sehr emotionale und sogar traumatisch Wendung nehmen. Doch Unternehmerinnen, die wirklich bereit sind zum Ausstieg, haben eine klare Vision für die Zeit danach. Ihre Ziele können vielfältig sein: Mehr Zeit für die Familie, mehr Zeit auf dem Golfplatz zu verbringen, ehrenamtlich für eine gemeinnützige Organisation tätig zu werden, ausgedehnte Reisen zu unternehmen oder eine zweite Karriere zu starten. Der Kernpunkt ist, dass Unternehmerinnen, die tatsächlich zum Verkauf bereit sind, sich intensiv darüber Gedanken gemacht haben, wie sie sich vom Unternehmen lösen und wie sie ihr Leben danach gestalten werden.
→ Bereitschaft, Zeit und Geld für die Verkaufsvorbereitung zu investieren Unternehmerinnen, die aktiv Zeit und Geld in die Vorbereitung der Nachfolge investieren, demonstrieren ihren Willen und ihr Engagement für eine erfolgreiche Übertragung. Die Bereitschaft, relevante Informationen wie Bilanzen, Erfolgsrechnungen und Kundeninformationen bereitzustellen, ist ein positives Signal für ernsthafte Verkaufsabsichten. Auch das Hinzuziehen eines Anwalts und des Treuhänders zur Gestaltung eines Verkaufsvertrags unterstreicht die Absicht. Umgekehrt kann Zögern oder Unwillen seitens der Verkäuferin, detaillierte Informationen offenzulegen, auf ein mangelndes Engagement oder unrealistische Erwartungen hindeuten.
Unternehmerinnen, die den Verkaufsprozess durch Täuschung zu vereinfachen versuchen, schaden nicht nur dem Verkaufsprozess selbst, sondern gefährden auch den Erfolg der Transaktion. Deshalb legen seriöse Käuferinnen grossen Wert auf Transparenz und Vorhersehbarkeit, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Unvollständige oder unzutreffende Informationen erfordern zusätzliche Nachforschungen und Prüfungen, was zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führen kann. Unternehmerinnen, die offen kommunizieren, Vertrauen aufbauen und alle relevanten Informationen bereitstellen, erhöhen ihre Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss deutlich.
→ Preisvorstellungen im Verkaufsgespräch
Im Zuge der Verkaufsverhandlungen kommt es unweigerlich zum Thema Unternehmensbewertung und Preisvorstellungen. Dies ist ein wichtiger Punkt, mit dem sie die Ernsthaftigkeit der Eigentümerin einschätzen können. Wird eine Preisvorstellung geäussert, die im Rahmen der branchenüblichen Bewertungsparameter liegt, deutet dies auf ein höheres Mass an Engagement und Realismus hin.
Weicht die Preisvorstellung stark von den branchenüblichen Vergleichswerten ab, kann dies ein Hinweis auf unrealistische Erwartungen sein. Wenn eine Eigentümerin, deren Unternehmen eine durchschnittliche EBITDA von 2 Millionen Franken erzielt, einen Unternehmenswert von 25 Millionen Franken angibt, sind sie gut beraten, ihre Sachen zu packen und ihre Zeit nicht mit aussichtslosen Verhandlungen zu verschwenden.
Grundsätzlich kann eine Unternehmerin ihren Wunschpreis als absolute Zahl oder als ein Vielfaches des EBITDA oder Cashflows angeben. Beide Methoden sind akzeptabel, solange die Preisvorstellung im Einklang mit vergleichbaren Unternehmensverkäufen in der Branche steht. Hinterfragen sie die Bewertungsmethode der Eigentümerin kritisch und informieren sie sich über die branchenüblichen Transaktions-Kennzahlen. Sowohl SolutionSync als auch andere M&A-Beraterinnen können ihnen Benchmark-Zahlen liefern.
Eindeutige und konkrete Preisvorstellungen der Verkäuferin sind einer vagen Preisspanne vorzuziehen. Ein präziser Preis signalisiert, dass sie ihre Erwartungen kennt und bereit ist, ernsthaft zu verhandeln. Dadurch wird eine bessere Ausgangslage für konstruktive Gespräche geschaffen und die Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss erhöht.
→ Verkaufsbedingungen im Einklang mit dem Preis
Neben einer realistischen Preisvorstellung sind auch angemessene Verkaufsbedingungen für den Erfolg des Verkaufs entscheidend. Sture Forderungen wie z.B. eine 100%ige Barzahlung bei Vertragsabschluss ohne jegliche Beteiligung der Verkäuferin am zukünftigen Unternehmenserfolg oder unrealistische Earn-out-Klauseln (erfolgsabhängige Kaufpreisbestandteile) können den Verhandlungsprozess unnötig erschweren und den Verkauf zum Scheitern bringen.
Jede Unternehmerin ist einzigartig
Genauso wie jedes Unternehmen ist auch jede Unternehmerin einzigartig. Trotzdem bin ich wiederholt auf drei Verkäufer-Typen gestossen:
Die Partnerin
Die Unterhändlerin
Die Intolerante
Die Partnerin
Merkmale: Hochgradig integer; vertrauenswürdig; unkompliziert im Umgang; bereit, dem Vorhaben einen Mehrwert zu verleihen.
Verhaltensweisen: Fair; kommunikativ; strebt eine Win-Win Situation an; glaubt an die Zukunft des Unternehmens.
Langfristige Perspektive: Engagiert sich weiterhin um das Wohl des Unternehmens (z. B. als Investorin, VR-Mitglied, Mitarbeiterin oder Ambassadorin/Influencer) und versteht ihre Rolle klar.
Mehrwert: Schafft für einen Mehrwert.
Motivation: Hat spezielle persönliche Bedürfnisse und Umstände, die die Käuferin auf besondere Weise erfüllen kann.
Ideale Zusammenarbeit: Sowohl für die Käuferin als auch für die Verkäuferin entsteht eine langfristig vorteilhafte Partnerschaft.
Die Unterhändlerin
Merkmale: Ähnlich wie die Partnerin: integer; vertrauenswürdig; ehrlich; angenehm im Umgang.
Verhaltensweisen: Unkompliziert; bestrebt, eine für beide Seiten vorteilhaften Deal, ohne Drama abzuschliessen.
Langfristige Perspektive: Begrenzte Beteiligung am Unternehmen nach dem Verkauf (z. B. keine aktive Rolle im VR oder Management).
Mehrwert: Schafft keinen direkten Mehrwert für das Unternehmen nach dem Verkauf.
Motivation: Ist fokussiert auf einen reibungslosen und zügigen Transaktionsabschluss.
Zusammenarbeit: Angenehme und professionelle Geschäftsbeziehung, jedoch ohne langfristige Bindung.
Die Intolerante
Merkmale: Unethisch; intransparent; schwierig im Umgang; wechselhafte Vergangenheit mit zerbrochenen Beziehungen und gescheiterten Geschäften.
Verhaltensweisen: Konfrontative Kommunikation; Neigung zu Rechtsstreitigkeiten; übermässige Fokussierung auf Wettbewerbsverbotsklauseln; emotionales und dramatisches Verhalten.
Langfristige Perspektive: Keine positive Zusammenarbeit nach dem Verkauf zu erwarten.
Mehrwert: Schädlich für das Unternehmensklima und die Zusammenarbeit.
Motivation: Eigennützige Interessen und mangelndes Verständnis für eine konstruktive Kooperation.
Zusammenarbeit: Unbedingt vermeiden! (Selbst streng formulierte, umfassende Verträge können ein harmonisches Miteinander nicht gewährleisten).
Konzentrieren sie sich deshalb auf die ersten beiden Kategorien (Partnerin und Unterhändlerin) und meiden sie Unternehmerinnen mit Intoleranzverhalten strikt. Die Zusammenarbeit mit einer schwierigen Verhandlungspartnerin kann zu einem langwierigen und belastenden Verkaufsprozess führen, der auch nach Vertragsabschluss problematisch sein ist und schlimmstenfalls juristische Folgen nach sich zieht.
Eine gründliche Analyse der Eigentümerin und Ihrer Absichten ist entscheidend für eine erfolgreiche Übernahme und langfristige, positive Zusammenarbeit.
Autor: PEZ
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