Unser Hauptgeschäftsbereich umfasst den Verkauf von kleinen und mittelständischen Unternehmen, deren Eigentümer sich häufig aus dem Geschäftsleben zurückziehen möchten. Der Übergang zur neuen Firmenleitung kann für alle Beteiligten eine knifflige Situation darstellen. Die früheren Eigentümer empfinden oft gemischte Gefühle beim Abschied von ihrem Lebenswerk, in das sie viel Leidenschaft investiert haben. Die neu ernannten Geschäftsführer sind unsicher, da ihnen möglicherweise die Erfahrung mit dem Unternehmen fehlt. Auch das Personal ist besorgt darüber, wie sich der Führungswechsel auf sie persönlich auswirken wird.
Bei den Empfehlungen für die Anfangsphasen neuer Geschäftsführer haben sich traditionell 90 Tage als Orientierungszeitraum etabliert. Jedoch argumentiert Harvard-Professor John Quelch in seinem HBR-Artikel vom April 2023, dass angesichts der modernen Geschwindigkeit der Informationsübertragung, des intensiven Wettbewerbs und der Marktschwankungen das 90-Tage-Framework, in dem die neue Geschäftsleitung eine gemächliche 90-tägige Zuhörertour unternimmt und mit vielen Mitarbeitenden spricht, nicht mehr zeitgemäss ist. Es sei sowohl für die Geschäftsleitung als auch das Unternehmen äusserst gefährlich, denn nach den verstrichenen drei Monaten hätten interne Nörgler die Schwachstellen an ihr erkannt und sich organisiert, um sie auszubremsen. Konkurrenten hätten in dieser Zeit die lukrativsten Kunden und Headhunter die besten Fachkräfte abgeworben.
Stattdessen sollte sich die neue Geschäftsleitung in den ersten 90 Stunden, also den ersten 1-2 Wochen, auf ihre neue Rolle konzentrieren. Quelch empfiehlt, die Zustimmung des Verwaltungsrats für den strategischen Plan der Geschäftsleitung sofort einzuholen und angesehene Mitarbeitende und Nachwuchskräfte zu identifizieren. Es sollten wöchentliche Management-Meetings abgehalten und Möglichkeiten gefunden werden, die Werte des neuen Managements zu kommunizieren. Auch die Assistenz der Geschäftsleitung sollte diese Werte und den Führungsstil widerspiegeln. Um Informationen über die Geschäftsleitung zu vermitteln, sollte eine Mitarbeiterversammlung abgehalten werden.
Zudem empfiehlt Quelch, externe Kandidaten nicht ohne interne Unterstützung einzustellen und keine umfassende Neugestaltung des Markenimages anzukündigen. Ebenso sollte vermieden werden, sich in allgemeine Aussagen verleiten zu lassen, bevor die Situation angemessen eingeschätzt wurde.
Während wir einigen dieser empfohlenen Massnahmen zustimmen und auch eigene Richtlinien für einen erfolgreichen Übergang bieten, stellen wir fest, dass die beinahe hektische Dringlichkeit, die Quelch betont, für viele kleine und mittelständische Unternehmen nicht zutrifft. Es ist nicht in der Mentalität der Unternehmer:innen hierzulande, alles zu verändern, nur weil die Uhr nach dem unterzeichneten Nachfolgevertrag weiter tickt.
Für die meisten Käufer von Unternehmen ist es wichtig, dass nach einer Übernahme der Führungswechsel situationsbezogen mit Sorgfalt, Authentizität und in Harmonie erfolgt und nicht mit einer formelhaften Aggressivität.
In diesem Sinne unterstützen wir unsere Kunden.
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